19.06.2019 - Vereinfachte Pflegedokumentation "Strukturmodell"
Der hohe bürokratische Aufwand im Pflegealltag soll mit einem neuen Konzept zur Pflegedokumentation erheblich reduziert werden. Das Projekt Ein-STEP (Einführung des Strukturmodells zur Entbürokratisierung der Pflegedokumentation) ist eine Initiative zur Neuausrichtung der Dokumentationspraxis in der ambulanten und stationären Langzeitpflege. Es eignet sich auch für Tages- und Kurzzeitpflegeeinrichtungen.
Mit der Entbürokratisierung der Pflegedokumentation ergeben sich neue Perspektiven:
- Entlastung und Motivationssteigerung der Pflegekräfte durch eine schlanke, praxistaugliche und zeitschonende Pflegedokumentation
- Mehr Zeit für die direkte Pflege und Betreuung hilfe- und pflegebedürftiger Menschen
- Impulse zur Gesundheitsförderung, weil die Pflegedokumentation die Kompetenz der Pflegekräfte stärkt und nicht mehr zusätzlicher Belastungsfaktor im beruflichen Alltag ist.
Bereits im Jahr 2015 erfolgte die bundesweite Einführung des von Expert*innen und Praktiker*innen entwickelten sogenannten Strukturmodells. Das Strukturmodell reduziert den Dokumentationsaufwand erheblich, ohne fachliche Qualitätsstandards zu vernachlässigen oder haftungsrechtliche Risiken aufzuwerfen. Weit über 50 Prozent aller Pflegeeinrichtungen setzen die neue Pflegedokumentation bereits um.
Was kennzeichnet das Strukturmodell?
Die Dokumentationspraxis wird auf einen vierstufigen Pflegeprozess (Strukturierte Informationssammlung – SIS, auf der Grundlage der SIS erfolgt eine individuelle Pflege- und Maßnahmenplanung, daraus resultieren eine veränderte Vorgehensweise mit dem Pflegebericht mit dem Fokus auf Abweichungen und das Festlegen entsprechender Evaluationsdaten) und eine systematische Berücksichtigung der persönlichen Perspektiven der Pflegebedürftigen ausgerichtet.
Den Einstieg in den Pflegeprozess bildet die SIS. In der SIS werden die Wünsche der Pflegebedürftigen, die Beurteilung der Pflege- und Betreuungsbedarfe durch die Pflegefachkraft sowie die individuellen pflegerelevanten Risiken dokumentiert.
Die fachliche Beurteilung zur Einschätzung der Pflege- und Betreuungssituation erfolgt anhand von fünf wissenschaftlich basierten Themenfeldern (z. B. Mobilität und Beweglichkeit oder Leben in sozialen Beziehungen), in die sich nach Ergebnissen der Pflegeforschung alle relevanten Hilfe- und Pflegebedarfe einordnen lassen.
Die Benennung dieser Themenfelder nimmt bewusst Bezug auf die Module des seit 2017 geltenden Begutachtungsinstruments, um die Orientierung der Pflegeeinrichtungen auf den Pflegebedürftigkeitsbegriff zu unterstützen. Die Erfassung des individuellen Pflege- und Betreuungsbedarfs im Rahmen des Pflegeprozesses nimmt jedoch eine breitere Perspektive ein als die Begutachtung.
Das sechste Themenfeld gilt im ambulanten Sektor der Pflegeorganisation in Absprache mit der Familie („Haushaltsführung“), im stationären Bereich liegt der Schwerpunkt auf Aspekten einer individuellen Wohnsituation („Wohnen/Häuslichkeit“).
Im Berichteblatt werden vor allem auftretende Abweichungen von der geplanten grundpflegerischen Versorgung und Betreuung dokumentiert – dadurch wird nicht nur „Schreibaufwand“ gespart, sondern tatsächlich relevante akute Veränderungen können schneller erkannt werden. In der Folge kann in der stationären Pflege auf die Einzeldokumentation von wiederkehrenden Abläufen der Grundpflege und Betreuung verzichtet werden, sofern diese im Qualitätshandbuch beschrieben sind. An die Stelle von schematischen Dokumentationsroutinen setzt das Konzept des Strukturmodells auf die fachliche Kompetenz der Pflegenden.
Auf der Website www.ein-step.de stehen eine Reihe von schriftlichen Darstellungen und Zusammenfassungen zur neuen Pflegedokumentationspraxis zur Verfügung. Für eine reibungslose Einführung des Strukturmodells können Pflegeeinrichtungen umfangreiche Unterstützungsangebote nutzen, nähere Einzelheiten finden Sie ebenfalls auf der Ein-Step-Website.